Irgendwann stellt sich viele die Frage, ob sie Kinder bekommen möchten. Und für viele ist die Antwort darauf “Ja”. Doch das bedeutet nicht, dass Schwangerwerden für jede Frau problemlos funktioniert. Bei manchen klappt es schon über einen längeren Zeitraum nicht, obwohl sie alles Nötige dafür tun. Sie zählen zu der Gruppe der ungewollt Kinderlosen - ein eher abstrakter Begriff, der die Situation sachlich richtig beschreibt. Gleichzeitig ist er aber meilenweit davon entfernt, wie sich die Situation für Betroffene anfühlt - überhaupt nicht sachlich und abstrakt, sondern im Gegenteil: Für Betroffene ist die Situation sehr konkret und mit starken Emotionen verbunden.

In diesem Artikel gibt es Antworten auf die Fragen:

  • Woher kommen Ausgrenzungsgefühle bei Menschen, die keine Kinder haben?
  • Was sollte ich lieber nicht zu Freund:innen sagen, die betroffen sind?
  • Was kann ich sagen, das helfen kann?
  • Welche Mythen zum Nicht-Schwangerwerden sind wahr und welche nicht?

Unerfüllter Kinderwunsch - ein sensibles Gesprächsthema

Viele denken jetzt vielleicht, dass es sich bei ungewollt Kinderlosen um ein eher seltenes Phänomen handelt. Doch dieser Schein trügt. Ungewollte Kinderlosigkeit ist nicht so selten, wie häufig vermutet wird: Jede:r Zehnte zwischen 20 und 50 Jahren ist ungewollt kinderlos. Vielleicht denken nun einige, dass dann doch viel mehr Menschen jemanden kennen müssten, der davon betroffen ist. Das dies nicht so ist, liegt zu einem großen Teil daran, dass unerfüllter Kinderwunsch auch heute noch ein Tabuthema ist - es gehört nicht zum Repertoire von Small-Talk-Themen. Aber was ist, wenn man doch auf jemanden trifft, dem es so geht? Dann entsteht meist auf beiden Seiten eine schwierige Situation. Betroffene begeben sich in eine Kinderwunschbehandlung ohne Gewissheit, dass sich dadurch der Kinderwunsch erfüllt. Viele Menschen aus dem Umfeld von Betroffenen fühlen sich in dieser Situation unsicher. Häufig stellen sie sich Fragen wie “Was kann ich sagen, ohne den oder die Betroffene:n zu verletzen?” oder “Wie kann ich ihm oder ihr helfen?”

Wir Menschen können im Allgemeinen besser mit Situationen umgehen, wenn wir sie verstehen. Dann können wir unsere Emotionen und Reaktionen oft besser handhaben. Zuerst einmal hilft es, sich mehr in die Situation von Betroffenen hineinzuversetzen und hineinzufühlen. Viele Betroffene fühlen sich durch ihre ungewollte Kinderlosigkeit ausgegrenzt. Diese empfundene Ausgrenzung kann auf Nicht-Betroffene irritierend wirken, denn als Freund:in möchte man seine:n Freund:in nicht ausgrenzen und verletzen.

Woher kommt das Ausgrenzungserleben bei ungewollt Kinderlosen?

Hinter dem Ausgrenzungserleben steckt eine Basisemotion: die Angst. Angst davor, nicht dazuzugehören. Dieses Gefühl zu haben ist normal – wir alle kennen Gruppen, zu denen wir gern dazugehören würden. Bei ungewollter Kinderlosigkeit gibt es eine Besonderheit: Die „Elterngrenze“ kann - im Gegensatz zu „künstlichen“ Grenzen wie beispielsweise Landesgrenzen oder der „Nichtrauchergrenze“ - nicht einfach überschritten werden, wenn man das möchte. Der eigene Einfluss ist hier begrenzt und auch mit einer Kinderwunschbehandlung ist der Erfolg nicht garantiert. Außerdem sind Kinder oft ein zentrales Gesprächsthema bei Freunden, die Eltern sind und bestimmen deren Alltagsstruktur in starkem Ausmaß: Der elterliche Terminkalender richtet sich oft danach, wann Kinder wo hingebracht oder abgeholt werden müssen.

Erschwerend kommt hinzu, dass ungewollte Kinderlosigkeit leider immer noch ein Tabuthema in unserer Gesellschaft ist – es wird nicht offen darüber gesprochen und ist gefühlt „ein Makel“. Dementsprechend fehlt den allermeisten schlicht das Wissen um die tatsächlichen Ursachen von Kinderlosigkeit. Weit verbreitet sind die Ansichten, es läge daran, dass die Pille zu lange genommen wurde oder am beruflichen oder privaten Stress. Das sind Mythen, an denen nichts dran ist! Meistens sind es medizinische Gründe, die gleichermaßen bei Mann und Frau vorliegen können. Bei ca. 10 Prozent der Betroffenen ist die Ursache sogar unbekannt. Und weil ungewollte Kinderlosigkeit ein Tabuthema ist, werden diese Ansichten auch nicht geradegerückt. Zumindest nicht von allein. Egal ob Eltern oder nicht – den meisten Menschen fehlt also verständlicherweise die Erfahrung im Umgang mit Betroffenen, da ungewollte Kinderlosigkeit kein Alltagsthema ist.

Was kann ein:e Nicht-Betroffene:r tun?

Kein:e Betroffene:r erwartet, dass man als Nicht-Betroffener den ultimativen Tipp parat hat oder die Situation lösen kann. Wichtig ist zu zeigen, dass man mitfühlt und versucht, die Situation zu verstehen. Das kann einem als Nicht-Betroffener leichter fallen, wenn man sich an ein eigenes tiefgreifendes Lebensereignis erinnert und überlegt, wie es einem selbst in einer solchen Krisensituation ging. Vielleicht fallen einem dann hilfreiche Worte ein, die man von anderen gehört hat oder die man sich in dieser Situation gewünscht hätte. Das kann ein nützlicher Kompass sein, der Nicht-Betroffenen im Umgang mit Betroffenen helfen kann.

Betroffene gehen unterschiedlich offen mit ihrem unerfüllten Kinderwunsch um. Viele reden nur im engeren Familien- und Freundeskreis darüber. Ein erster Schritt ist also, dem oder der Betroffenen Gesprächsbereitschaft zu signalisieren. Im Gespräch selbst geht es vor allem ums Zuhören. Zuhören klingt in der Theorie oft leicht – erweist sich in der Praxis dann aber doch für manche als etwas schwieriger. Zuhören beinhaltet, dass der eigene Redeanteil gering ist. Oft hören wir in Gesprächen unbewusst nur halb zu, weil wir uns im Kopf schon unsere Antworten zurechtlegen. Das gilt es auszuschalten. Es geht nicht darum, Ratschläge zu geben, sondern sich darauf zu konzentrieren, was der oder die andere erzählt. Das nennt man auch aktives Zuhören. Auch wenn der eigene Redeanteil gering ist, bedeutet aktiv zuhören nicht, den Gesprächspartner vor sich hinreden zu lassen und gelegentlich bestätigend mit dem Kopf zu nicken. Als aktive:r Zuhörer:in ist das Ziel, möglichst genau zu verstehen, wie es dem oder der anderen geht. Wie stellt man das an?

Zum Beispiel indem man das Gesagte mit eigenen Worten zusammenzufasst und sich rückversichert, dass es mit dem übereinstimmt, was der oder die Gesprächspartner:in auch ausdrücken möchte. Das sind Sätzen wie beispielsweise „Habe ich es richtig verstanden, dass Du …“ oder „Bei mir ist angekommen, dass… Trifft es das?“. Auch das Spiegeln von Gefühlen gehört dazu: „Ich habe den Eindruck, Du fühlst Dich… Ist das so?“.

Wie schon erwähnt fehlt aufgrund der Tabuisierung von unerfülltem Kinderwunsch vielen Menschen die Erfahrung im Umgang mit Betroffenen. In Situationen, in denen wir unsicher sind, wollen wir meistens etwas Unverfängliches sagen, das ermutigend ist oder zumindest niemanden verletzt. Häufig hören ungewollt Kinderlose immer wieder ähnliche Sätze - und zwar in der Regel solche, die ihnen nicht weiterhelfen.

Sätze, die man niemals sagen sollte:

  • Ihr seid doch noch jung. Das klappt schon noch.
  • Hört auf, es zu unbedingt zu wollen und entspannt Euch - dann klappt das bestimmt.
  • Warum adoptiert ihr nicht einfach ein Kind? Es gibt doch sooo viele Kinder, die sich Eltern wünschen.
  • Ihr habt doch noch Euch, zu zweit ist es doch auch schön.
  • Kann man denn nichts machen?
  • Gebt die Hoffnung nicht auf.

Solche oder ähnliche Sätze sind gutgemeint – wir wollen Mut machen. Wie Kurt Tucholsky schon feststellte, ist gutgemeint das Gegenteil von gut. Deshalb sollte man diese oder ähnliche Sätze auf keinen Fall sagen. Sie wirken auf Betroffene nicht ermutigend oder anteilnehmend, sondern meistens bagatellisierend. Ungewollte Kinderlosigkeit ist ein tiefgreifendes Lebensereignis, das stark mit dem Inbegriff des Frau- oder Mannsein verbunden ist. Betroffene sind in einer komplexen Situation, der man mit solchen Sätzen nicht gerecht werden kann. Und mit großer Wahrscheinlichkeit haben Betroffene all diese Sätze schon selbst gedacht und hören sie nicht zum ersten Mal. 

Doch was könnte man stattdessen sagen, um sein Mitgefühl auszudrücken oder Mut zu machen? Manchmal ist das leichter als gedacht.

Sätze, die Du zu Betroffenen sagen kannst:

  • Das tut mir sehr leid, dass es für Euch so schwierig ist, Euren Kinderwunsch zu erfüllen.
  • Wie lief es in der letzten Behandlung, wie geht es Dir?
  • Welche Möglichkeiten habt Ihr jetzt (noch)?
  • Ich wünsche mir für euch, dass es klappt. Wann ist der nächste wichtige Termin? Ich denke dann fest an euch und drücke euch die Daumen.

Der Umgang mit Betroffenen ist also kein Hexenwerk. Wichtig ist, dass man versucht, die Situation besser zu verstehen. Tipps zu geben ist nicht nötig - dafür haben Menschen auf ihrer Kinderwunschreise an vielen Stellen bereits kompetente Ansprechpartner: Ärztinnen, Ärzte, Kinderwunschberater:innen...und spezialisierte Psychologinnen und Psychologen wie bei MentalStark!

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