Welche Entspannungstechnik ist die richtige für mich?

Yoga, Meditation, Autogenes Training – von einigen Entspannungstechniken haben die meisten schon mal etwas gehört. Gerade weil manche Verfahren auch zu Trends avancieren, fragt man sich manchmal, was eigentlich dahintersteckt. Manche denken bei dem Begriff “Entspannungstechnik” vielleicht auch eher an zusätzliche Anstrengung als an Ruhe. In diesem Artikel werden verschiedene Entspannungstechniken vorgestellt. Ich erkläre, wie Du herausfindest, welche Entspannungstechnik zu Dir passt – und warum das ganz verschieden sein kann. 

  • Was bedeutet Entspannung und warum ist sie wichtig für Dich?
  • Was sind Entspannungstechniken und wozu sind sie gut?
  • Welche verschiedenen Entspannungstechniken gibt es?
  • Welche Entspannungstechnik ist die richtige für mich?

Entspannung ist ein kurz- oder langanhaltender Zustand, in dem die körperliche und psychische Aktivität runtergefahren wird. Man kann Entspannung nicht nur selbst spüren, sondern auch körperlich messen. Entspannung kann nämlich auf mehreren Ebenen betrachtet werden: auf körperlicher Ebene, auf Verhaltensebene, auf emotionaler Ebene (Gefühle) oder auf kognitiver Ebene (Gedanken). Die körperliche Entspannung zeigt sich durch eine reduzierte Muskelanspannung, eine Senkung der Herzfrequenz, des Blutdrucks, sowie einer Verlangsamung des Atems. Auch die Gehirnaktivität reduziert sich messbar, wenn wir uns entspannen. Auf der Verhaltensebene kann man beobachten, dass die meisten Menschen beim Entspannen eine bequeme Körperhaltung einnehmen, zum Beispiel im Sitzen oder Liegen. Emotionale Entspannung würde man durch Gefühle des Wohlbefindens oder innerer Ruhe beschreiben. Gefühle wie Angst oder Aufregung lassen nach und Gelassenheit oder Gelöstheit setzen ein. Hinterher fühlt man sich ausgeruht und ruhiger. Kognitive Entspannung, also ein entspanntes Denken, beschreiben viele so, dass sie dabei an “alles und nichts” denken. Die Gedanken wandern locker umher. Außenreize werden eher vermindert wahrgenommen und die Reaktion darauf ist verlangsamt. Diese verschiedenen Entspannungsebenen sind nicht immer im Einklang. Beispielsweise kann jemand äußerlich entspannt wirken und gleichzeitig gedanklich angestrengt sein.  

Entspannung gehört zu den natürlichen Verhaltensweisen von Lebewesen und ist der Gegenpol zur sonstigen Aktiviertheit. Aktiviertheit und Entspannung wechseln sich ab, wie bei einem Muskel, der sich anspannt und lockert. Hier ist es wichtig zu betonen, dass sowohl Über- als auch Unterforderung als Stressoren wirken können: Sowohl chronische Anspannung als auch immerwährende Entspannung sind auf Dauer nicht gesund. Ein Übermaß an Entspannung bemerken wir zum Beispiel als Langeweile. Deswegen ist weder ständige Anspannung noch ständige Entspannung ein Zielzustand. Zu empfehlen ist eine dynamische Balance zwischen beiden Zuständen.  

Entspannungstechniken sind eine Möglichkeit, die Gesundheit zu fördern, weil sie stressregulierend wirken und die Selbstheilungskräfte stärken. Im Alltag bezeichnen wir mit Entspannung alle Aktivitäten, die zu unserer persönlichen Erholung beitragen, z. B. Musikhören, einen Waldspaziergang machen oder ein Schaumbad nehmen. Diese Tätigkeiten bezeichnet man auch als aktive Erholung. Das sind allerdings eher unsystematische Entspannungsmöglichkeiten. In diesem Artikel wollen wir Dir spezifische Entspannungstechniken vorstellen. Entspannungstechniken gehören auch zur aktiven Erholung. Sie dienen aber einer systematischen oder gezielten Herbeiführung eines Entspannungszustands und können trainiert werden.  

Yoga 

In den letzten Jahren hat sich Yoga zu einem richtigen Trend entwickelt. Yoga ist eine tausend Jahre alte Praxis aus Indien, zu der körperliche und geistige Übungen gehören. Diese sollen der Fitness, der Gesundheit und der Selbstverwirklichung zuträglich sein. Yoga kann also viele verschiedene Facetten haben. Während viele vor allem an die körperlichen Übungen denken (sogenannte “Asanas”), kann Yoga auch als Entspannungstechnik angewendet werden. Bei Atemübungen und Meditationen wird die Aufmerksamkeit auf das Innere gelenkt. Der Fokus liegt in den sanften, ineinanderfließenden Bewegungen im Zusammenspiel mit der Atmung.  

Meditation 

Beim Begriff der Meditation denken viele erst mal an spirituelle Praxen mit langer Tradition in fernöstlichen Kulturen. Meditation ist ein Überbegriff für eine Reihe von Achtsamkeits- und Konzentrationsübungen, die auf einen Zustand innerer Ruhe abzielen. Dieser Zustand wird auch als “gedankenlose Bewusstheit” bezeichnet. Der Geist ist also wach und nimmt bewusst wahr, während er nach innen gerichtet und von außen abgewandt ist. Bei der Meditation gibt es zahlreiche Varianten - im Liegen oder Sitzen oder sogar in Bewegung. Der Kern aller Meditationsübungen ist allerdings die Bündelung der Aufmerksamkeit. Dabei kann die eigene Konzentration verschieden ausgerichtet werden: auf die Atmung, körperliche Empfindungen, Emotionen oder Geräusche. 

Body Scan  

Der Body Scan ist eine Achtsamkeitsübung, bei der die Wahrnehmung des eigenen Körpers trainiert wird. Dabei soll die Aufmerksamkeit ganz auf sich selbst gerichtet sein, um schrittweise den ganzen Körper zu spüren. Von den Füßen bis zum Kopf wird der Fokus nacheinander auf verschiedene Bereiche des Körpers gelenkt. Der Körper wird sozusagen innerlich abgetastet. Dabei tauchen zuweilen nicht nur angenehme, sondern auch unangenehme Empfindungen oder Emotionen auf. Diesen Empfindungen mit einer wohlwollenden, akzeptierenden Haltung zu begegnen, stellt für viele eine Herausforderung dar.  

Autogenes Training 

Das Autogene Training ist ein in Deutschland weit verbreitetes Entspannungsverfahren. Dabei wird versucht, körperliche Funktionen wie Durchblutung, Pulsschlag und Atmung gezielt in einen Ruhezustand “umzuschalten”. Sätze wie “Ich bin vollkommen ruhig” werden mehrfach wiederholt, um die eigenen Gedanken und Vorstellungen zu leiten. Beispielsweise wird bei der Schwere-Übung ausgehend von einem Körperteil die Vorstellung der Schwere erlernt. Eine mögliche Übungsformel lautet: “Der rechte Arm ist ganz schwer.” Diese Schwere soll sich auf den gesamten Körper ausbreiten und der allgemeinen Beruhigung dienen. Autogenes Training gehört zu den eher anspruchsvollen Entspannungstechniken, weil diese Form der “Selbst-Hypnose” oft erst nach längerer Übung wirklich gelingt. 

Progressive Muskelentspannung 
Die Progressive Muskelentspannung ist eine Entspannungstechnik, bei der einzelne Körpermuskeln gezielt angespannt und wieder losgelassen werden. Eine stressbedingte übermäßige Anspannung der Muskeln kann zu Kopfschmerzen, Rückenschmerzen oder Verdauungsproblemen führen. Die progressive Muskelentspannung soll allerdings nicht nur körperliche Beschwerden vorbeugen, sondern auch das psychische Wohlbefinden steigern. Bei den Übungen werden einzelne Muskelgruppen für etwa zehn Sekunden angespannt und anschließend für etwa 30 Sekunden wieder entspannt. Dies wird nacheinander mit verschiedenen Muskelgruppen am ganzen Körper wiederholt. Diese Übungen sollen auch die eigene Körperwahrnehmung verbessern. Man erkennt auf Dauer besser, wo der Körper gerade angespannt ist und kann so einer Verspannung entgegensteuern. Wer eher der pragmatische Typ ist, zieht die progressive Muskelentspannung vielleicht vor, weil dabei vorrangig mit dem Körper gearbeitet wird, anstatt mit dem Geist (wie z. B. bei der Meditation oder dem Autogenen Training).  

Traumreisen 
Traumreisen kann man als eine Art gelenkten Tagtraum beschreiben. Hierbei geht es nicht darum, tatsächlich zu schlafen und zu träumen, sondern sich im Wachzustand gedanklich eine Auszeit zu nehmen. Die Fantasie wird eingesetzt, um sich in der Vorstellung an einen anderen Ort zu begeben. Deshalb nennt man sie auch “Fantasiereisen”. Man stellt sich dabei zum Beispiel eine schöne Landschaft vor, in der man gedanklich verweilen kann. Dabei versucht man, alle Wahrnehmungskanäle (Sehen, Hören, Fühlen, Riechen und Schmecken) zu aktivieren, indem man sich den Fantasieort mit allen Sinnen vorstellt. Bei der Traumreise verlässt man gedanklich seine aktuelle Situation und macht kurzzeitig “Urlaub” von dem was um einen herum geschieht.  

Welche Entspannungstechnik ist die richtige für mich? 

Nach diesem Überblick erscheint es erst mal gar nicht so einfach, eine Entspannungstechnik für sich zu wählen. Viele spüren auch einen Druck, dass die Entspannungstechnik, die gerade Trend ist, auch einem selbst guttun muss. Gerade weil viele Verfahren auch ein bisschen Übung erfordern, kann das erst mal wirken wie eine zusätzliche Herausforderung, statt einer Möglichkeit, den Leistungsdruck auch mal loszulassen. Hier ist es wichtig zu bedenken, dass sich der “Entspannungsstil” zwischen verschiedenen Menschen stark unterscheidet: Der eine findet es vielleicht total beruhigend, sich in ein heißes Schaumbad zu legen, die andere entspannt vielleicht beim Kickboxen zu Hardrock-Musik und fühlt sich danach total ausgeglichen. Entspannung soll letztendlich etwas sein, was guttut und dabei hilft, sich selbst und die eigenen Bedürfnisse anzunehmen.  

Die oben beschriebenen Entspannungstechniken können auch danach unterschieden werden, ob die Aufmerksamkeit sich dabei eher nach innen oder eher nach außen richtet. Beispielsweise wird der Fokus beim Body Scan oder beim Autogenen Training stark auf die eigenen körperlichen Empfindungen gelegt. Während sich das für einige wohltuend und heilsam anfühlt, kann es andere eher nervös machen, “jedes Kribbeln” im Körper zu spüren. Wer sich im Alltag stark auf körperliche Empfindungen fokussiert – wie es in medizinischen Langzeitbehandlungen oftmals der Fall sein kann, findet das vielleicht anstrengend. Gerade in der Kinderwunschbehandlung kommt es bei vielen Frauen zu einer Art Hypersensibilität. Das liegt daran, dass dauernd gefordert wird „in sich hinein zu spüren“ und das sozusagen der innere Bewegungsmelder dauernd auf Empfang ist. Das ist vergleichbar mit dem Lerneffekt, der eintritt, wenn wir ein Instrument lernen. Wer Klavier oder Gitarre spielt, hat auch hypersensible Finger. Leider ist es in der Kinderwunschzeit aber oft auch belastend und eher eine Erleichterung die Aufmerksamkeit nach außen zu richten. Eine Traumreise hat zum Ziel, die Aufmerksamkeit auf einen Fantasieort jenseits des eigenen Körpers zu richten. Wer Lust hat, kann auch unterschiedliche Entspannungstechniken ausprobieren und findet vielleicht, dass je nach Situation verschiedene Ansätze hilfreich sein können.  

  • Entspannung ist ein Zustand, in dem die körperliche und psychische Aktivität runtergefahren wird. Entspannung hat eine körperliche, emotionale und kognitive Ebene.
  • Entspannungstechniken dienen einer gezielten Herbeiführung eines Entspannungszustands und können geübt werden.
  • Yoga, Mediation, Body Scan, Autogenes Training, Progressive Muskelentspannung und Traumreisen – jede Entspannungstechnik ist anders und erfüllt verschiedene Vorlieben.
  • Entspannungstechniken können helfen, sich selbst etwas Gutes zu tun und die eigenen Bedürfnisse anzunehmen. Nicht alle Entspannungstechniken sind für Jeden das Richtige.
  • Bei manchen Entspannungstechniken richtet sich die Aufmerksamkeit eher nach innen (z. B. Body Scan), bei anderen richtet sich der Fokus eher nach außen (z. B. Traumreise).

Mit einer passenden Entspannungstechnik kann man lernen, den Körper, die Gefühle und Gedanken bewusst zu regulieren. Das kann sich auch positiv auf die Selbstwirksamkeitsüberzeugung auswirken. Wer überzeugt von seiner Selbstwirksamkeit ist, der glaubt daran, auch schwierige Herausforderungen und Situationen aus eigener Kraft bewältigen zu können. Auf der anderen Seite ist es auch wichtig zu lernen, eigene körperliche Vorgänge gelassen wahrzunehmen und nicht “um jeden Preis” die eigene Entspannung erzwingen zu wollen. Es geht eher darum, sich so weit zu entspannen, wie es für einen selbst jetzt gerade möglich und richtig ist.